3.4 Kinder mit Sprachförderbedarf in der Einschulungsuntersuchung

Definition

Anteil der Kinder in der Einschulungsuntersuchung (ESU), bei denen Förderbedarf bezüglich der deutschen Sprachkenntnisse festgestellt wurde, differenziert nach Kindern mit deutscher Familiensprache und mehrsprachigen Kindern. Mehrsprachig bedeutet für die ESU-Auswertung, dass die Kinder zu Hause entweder andere Familiensprache als Deutsch oder Deutsch zusammen mit weiteren Familiensprachen sprechen.

Relevanz

Die Einschulungsuntersuchung in Baden-Württemberg findet seit 2009 im vorletzten Kindergartenjahr statt und ist gesetzlich verpflichtend. Im Rahmen dieser Untersuchung wird der Entwicklungs- und Gesundheitszustand der zum kommenden Schuljahr schulpflichtig werdenden Kinder ermittelt. Ziel der ESU ist es, Kindern mit Förderbedarf noch vor dem Schulbeginn zu einer entsprechenden Förderung zu verhelfen. Eine rechtzeitige und wirksame Sprachförderung ist zentral für den Bildungs- und Integrationserfolg vor allem der Bevölkerung mit Migrationsgeschichte. Hohe Indikatorwerte deuten auf einen erhöhten Förderbedarf hin. Der Indikator liefert keinen eindeutigen Hinweis auf den etwaigen Erfolg von Fördermaßnahmen.

Ergebnisse

In den letzten Jahren ist ein stetiger Anstieg des Förderbedarfs bei mehrsprachigen Kindern zu verzeichnen. Im Jahr 2017 zeigten 48,7 % dieser Kinder einen Bedarf an Unterstützung, während dieser Anteil bis zum Jahr 2021 bereits auf 63,2 % angestiegen ist. Diese Entwicklung verdeutlicht die zunehmende Bedeutung und Herausforderungen, die mit der Förderung mehrsprachiger Kinder einhergehen.

Die Gründe für diesen Anstieg können vielfältig sein. Einerseits könnte es eine Zunahme der Anzahl mehrsprachiger Familien geben, die ihre kulturelle und sprachliche Vielfalt bewahren möchten. Andererseits könnten auch gesellschaftliche Veränderungen und Migrationsströme zu diesem Trend beitragen.

Bei den nur Deutsch sprechenden Kindern entspricht die Quote an 7-8 % intensiv sprachförderbedürftigen Kinder der Häufigkeit von Sprachentwicklungsstörungen (6-8 %, vgl. AWMF-Leitlinie „Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern“).

Bei den mehrsprachigen Kindern muss berücksichtigt werden, dass mit diesem Begriff sehr verschiedene Gruppen zusammen erfasst werden. Diese Gruppe setzt sich zusammen aus:

  • bilingualen Kindern, die in der Regel keinen intensiven Sprachförderbedarf aufweisen,
  • Kindern, die Deutsch als Zweitsprache im Kindergartenalter erwerben und daher zum Zeitpunkt der ESU häufig einen intensiven Sprachförderbedarf haben,
  • Kindern, die bis zum ZE wenig oder praktisch keinen Kontakt zur deutschen Sprache haben.

Bei den beiden letztgenannten Gruppen liegt erwartungsgemäß immer ein intensiver Sprachförderbedarf vor.

Anhaltspunkte zur Erklärung der Zunahme des intensiven Sprachförderbedarfs ergeben sich aus den Erfahrungen während der Untersuchungen/im Austausch mit den Einrichtungen:

  • Neu in den Landkreis zugewanderte Kinder haben öfter keinen Kindergartenplatz zum Zeitpunkt der ESU bzw. befinden sich noch auf Wartelisten. Andere Möglichkeiten zur Schaffung von Kontaktsituationen zur deutschen Sprache (z. B. Vereine, Freizeitaktivitäten etc.)  sind den Sorgeberechtigten nicht bekannt oder werden nicht genutzt. Auch waren viele Kontaktmöglichkeiten für die letzten beiden Jahrgänge pandemiebedingt nicht verfügbar.
  • Schließzeiten der Kitas/Wegfall von Sprachförderangeboten: pandemiebedingt und bedingt durch den zunehmenden Fachkräftemangel haben Sprachförderangebote in den Kitas nur stark eingeschränkt oder nicht stattgefunden. Ein Beispiel: bei den Schulanfängern 2022: 16,6 % der untersuchten Kinder nahmen an einer spezifischen Sprachfördermaßnahme in einer Kita teil, bei der „Vor-Corona-Untersuchung“ 2019, Schulanfänger 2020 lag dieser Anteil bei 23,3 %. In diese Auswertungen können nur Kinder einbezogen werden, bei denen ein ausgefüllter Kita-Beobachtungsbogen vorlag.
  • Sprachvorbilder/“Sprachbad“:  in Kitas mit einem hohen Anteil an kaum Deutsch sprechenden Kindern ist das Lernen der deutschen Sprache aufgrund reduzierter Verfügbarkeit von Sprachvorbildern, insbesondere auch Gleichaltrigen, erschwert. Es fehlt das „Eintauchen“ in die neue Sprache. Dies wird vor allem von pädagogischen Fachkräften solcher Kitas berichtet. Aufgrund der demografischen Entwicklung nimmt diese Konstellation zu.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Bildungseinrichtungen und politische Entscheidungsträger angemessene Ressourcen und Unterstützung bereitstellen, um den steigenden Bedarf an Förderung für mehrsprachige Kinder zu decken. Dies erfordert nicht nur eine verbesserte Sprachförderung im schulischen Umfeld, sondern auch eine Sensibilisierung für die Vielfalt der Sprachen und Kulturen innerhalb der Gesellschaft.

Darüber hinaus ist es wichtig, die individuellen Bedürfnisse jedes Kindes zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass sie Zugang zu hochwertiger Bildung erhalten, unabhängig von ihrer sprachlichen oder kulturellen Herkunft.

Kinder in der Einschulungsuntersuchung mit einer Empfehlung zur vorschulischen Sprachförderung in den Jahren 2017-2021

Hinweise

Der Indikator liefert keinen eindeutigen Hinweis auf den etwaigen Erfolg von Fördermaßnahmen.

In der amtlichen Statistik werden die Daten der Einschulungsuntersuchung (ESU) nach Untersuchungsjahr geführt, die in Rastatt gebräuchliche Darstellung ist nach Schulanfänger (Bsp. Schulanfänger 2022: Das Untersuchungsjahr war 2020/2021, der Schulanfang 2022).

Datenquellen

  • Gesundheitsamt des Landkreises Rastatt: Ergebnisse aus der ESU 2017-2021

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